Hans Huber, Wieden 134

Hans Huber, Wieden 134

So oder so ähnlich kann eine Wiener Adresse im Jahr 1771 gelautet haben. Davor wurden Häuser und Geschäfte mittels Schildnamen, z. B. "Haus zum gülden Drachen" gekennzeichnet. Die Nummerierung der einzelnen Häuser war damals eine große Innovation. Das Ziel war dabei weniger, Ordnung ins Chaos zu bringen, sondern diente mit der analog durchgeführten Seelenkonskription (Volkszählung) der Vorbereitung für das neue Rekrutierungssystem in den böhmischen und österreichischen Ländern. Bei der Vergabe der sogenannten Konskriptionsnummern ging man sehr systematisch vor: jedes bestehende Haus bekam eine Nummer, die innen und außen auf das Gebäude gemalt wurde.
Ordnung mit Chaospotenzial

Sehr weitsichtig war dieses System allerdings nicht, da leere Grundstücke bei der Nummernvergabe ausgelassen wurden und man Abrisse, Zusammenlegungen oder Neubauten einfach nicht mitgedacht hatte. Wurde ein neues Haus gebaut, bekam es einfach die nächste freie Nummer zugewiesen, unabhängig von seinem Standort – so konnte es sein, dass zB Haus Nr. 1343 neben Haus Nr. 120 stand. Für ortsfremde Personen sicherlich eine interessante Herausforderung. Nachdem das System der Durchnummerierung den Praxistest nicht wirklich bestanden hatte, wurden bereits 1795 Verbesserungen eingeführt: es wurde neu durchnummeriert und ein rot/schwarzes Farbleitsystem trennte von nun an Stadt und Vorstadt. Trotz – oder vielleicht auch wegen – der alle paar Jahre durchgeführten Umnummerierungen verschärfte sich das Problem der Unübersichtlichkeit – vor allem aufgrund des Stadtwachstums im 19. Jahrhundert. Eine praktikable Lösung war dringend notwendig und wurde händeringend gesucht.

Der innovative Funke

1860 war es dann schließlich so weit, die Einführung der straßenweisen Orientierungsnummern wurde beschlossen. Insgesamt bekamen damals mehr als 12.000 Häuser die neuen Schilder mit Straßenname und Hausnummer. Gleichzeitig wurden auch die Grundsätze der Nummerierung festgelegt: mit 1 beginnend, links ungerade – rechts gerade Nummern, bei Radial- oder Längenstraßen vom Stephansplatz ausgehend von innen nach außen aufsteigend, bei tangential verlaufenden Querstraßen im Uhrzeigersinn vom niedrigeren zum höheren Bezirk. Reguliert wurde auch gleich das Aussehen der Taferln in Bezug auf Form und Farbe. Wussten Sie, dass damals jeder Bezirk seine eigene Farbe hatte? Heute gilt das zwar für manche Wiener Bezirke noch immer, Hütteldorf grün und Favoriten violett, 1862 war z. B. der fünfte Bezirk schwarz und der vierte Bezirk rosa. Dieser Farbcode in Form einer unterschiedlichen Umrandung war auch Teil des Coperate Designs der Hausnummernschilder. Der Relaunch, hin zu dem heute gebräuchlichen blauen Schilderdesign, wurde erst 1958 durchgeführt, der Name der zu verwendenden Schriftart: Lapidar.

Kurz und bündig: Hausnummern begleiten uns in Wien nun schon seit 250 + 1 Jahren – eine organisatorische Revolution, die mit der Einführung der Orientierungsnummern nicht nur unser Stadtbild nachhaltig geprägt hat, auch unser aller Alltag ist seitdem um einiges einfacher geworden.

 

 

 

Bild: Von Clemens Mosch – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, mons.wikimedia.org

Sie planen einen Umzug?

Umzugsanfrage stellen
oder

Sie möchten Mitglied werden?

Mitglied werden