Verbales Schulterklopfen

Verbales Schulterklopfen

Wussten Sie, dass gelobte Mitarbeiter:innen motivierter sind und sich höhere Ziele stecken, denen sie sich auch stärker verpflichtet fühlen? Wer gelobt wird, bemüht sich, dem Lob gerecht zu werden. Agieren Führungskräfte nach dem Motto „Nicht kritisieren ist Lob genug“, geht die Motivation in den Keller. Wissenschaftlich wird es als „Gratifikationskrise“ bezeichnet – das Ausbleiben sozialer Anerkennung führt zu einer Stressreaktion im Belohnungszentrums des Gehirns.

Nachhaltige Belohnungsenttäuschungen gehen laut dem Medizinsoziologen Professor Johannes Siegrist auch unter die Haut und können langfristig zu körperlichen und seelischen Schäden führen. Anhand ausgewählter Ergebnisse experimenteller und quasi-experimenteller Forschung beschreibt er in seinem Buch „Arbeitswelt und stressbedingte Erkrankungen“ die Kausalität zwischen beruflichen Gratifikationskrisen und Veränderungen von Blutdruck und Herzfrequenz, Stresshormonausscheidung, Entzündungsaktivität im Körper sowie Depressionen. Das Risiko einer Erkrankung erhöht sich dabei mit dem Ungleichgewicht zwischen geleistetem Engagement und fehlender Belohnung. Laut Professor Johannes Siegrist betrifft die berufliche Gratifikationskrise vor allem gering qualifizierte Beschäftigte, in immer höherem Maß auch Facharbeiter und mittlere Angestellte.

Laut der Studie »Jobzufriedenheit 2017« der ManpowerGroup ist es neun von zehn Befragten (91 Prozent) wichtig, dass der direkte Vorgesetzte seine Wertschätzung zum Ausdruck bringt.

Wie wird Wertschätzung vom Empfänger wahrgenommen?

Dazu gibt die Studie von kW-A.com Aufschluss, bei der drei wertschätzende Aussagen abgefragt wurden. (Lob) Bei der Definition der Anpassungen gestern warst Du sehr gut. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Du Dich schon so einbringen kannst. (Anerkennung) Danke für Deinen Beitrag gestern. (Danke) Danke! Das Lob hatte nur 13 % der Teilnehmer:innen angesprochen während Anerkennung mit 48 % und Danke mit 39 % eindeutig präferiert wurden. Warum ist das so? Laut Interpretation der Marktforscher liegt die Art der Wahrnehmung in unserer Kindheit begründet, Stichwort Lob und Tadel. Ein weiteres interessantes Detail dieser Studie betrifft die Wahrnehmung der Quantität von Wertschätzung: obwohl schon etwas in die Jahre gekommen, unterstreichen die Zahlen deutlich die Tücken des Sender-Empfänger-Modells: Die Wahrnehmung von 59 % der UmfrageteilnehmerInnen ist, einmal im Monat oder seltener, Lob zu erhalten. Parallel dazu denken 76 % der teilnehmenden Führungskräfte ihre Mitarbeiter:innen alle zwei Wochen oder öfter zu loben. Die Erklärung für diese abweichenden Werte sehen die Marktforscher in der Qualität der Wertschätzung begründet, also was vom Empfänger als Lob empfunden wird. Ein Beispiel: „Gut gemacht“ ist vom Sender als Lob gemeint, wird vom Empfänger in dieser Form so nicht wahrgenommen.

Wie lobt man richtig?

Verbales Schulterklopfen hat so seine Tücken – ein „jetzt muss ich Sie aber loben“ sorgt beim Angesprochenen für Irritation. Auch ein schnell dahingesagtes Lob zwischen Tür und Angel kann mehr schaden als nutzen. Und dann ist da noch das Wort „aber“, ein klassischer Energiekiller, der das zuvor gesagte quasi auslöscht „Sie haben die Auswertung sehr gut gemacht, aber …“.

In ihrem Blogbeitrag auf PORT41 „Unternehmensführung: Warum Loben sinnvoll für Ihr Geschäft ist“ hat Daniela Lukaßen-Held auch einige Tipps zur richtigen Gesprächsführung:

  • Lob muss ehrlich sein: Es muss klar sein, wofür gelobt wird. Übertreiben Sie nicht, spielen Sie den Erfolg nicht herunter. Emotionen verstärken das Lob.
  • Lobe immer persönlich: Loben Sie nicht via E-Mail oder über eine dritte Person.
  • Ein Lob muss zeitlich passen: Lassen Sie nicht zu viel Zeit verstreichen. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für das Gespräch.
  • Verzichte auf ein „Aber“: Lob nie zusammen mit Kritik äußern.

Ein interessantes Detail zum Abschluss: in einem Experiment an der Universität Bonn ließen Forscher Probanden paarweise Schätzaufgaben lösen und untersuchten dabei ihre Hirnaktivität mit Magnetresonanz-Tomographen. Gab es einen Kandidaten der erfolgreicher war und dafür auch honoriert wurde, so war sein Belohnungszentrum deutlich aktiver. Waren beide Mitspieler gleich gut, brachte eine Belohnung kein Mehr an Motivation. Fazit: Leistungssteigernd wirkt allein, den individuellen Beitrag zum Erfolg zu würdigen.

 

Und ja, ganz oben erfährt man sehr selten Lob und Anerkennung. Da stellt sich die Frage: Dürfen Mitarbeiter:innen Vorgesetzte loben? Entscheiden Sie! Lassen Sie die Aussage „Chef, das hast Du großartig gemacht.“ auf sich wirken und zwar sowohl aus Mitarbeiter:innen- als auch aus Chef:innen-Perspektive.

 

 

Quellen:

Uwe Helmert. Rezension vom 18.08.2015 zu: Johannes Siegrist: Arbeitswelt und stressbedingte Erkrankungen. Forschungsevidenz und präventive Maßnahmen. Urban & Fischer in Elsevier (München, Jena) 2015. ISBN 978-3-437-24266-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/19274.php 

Warum Loben sinnvoll für Ihr Geschäft ist (PORT41 – Daniela Lukaßen-Held): https://www.port41.at/artikel/unternehmensfuehrung-warum-loben-sinnvoll-fuer-ihr-geschaeft-ist

Studie von Kraftwerk Anerkennung: https://docplayer.org/36528318-Umfrage-ergebnisse-anerkennungskultur-in-unserer-wirtschaft-durchgefuehrt-von-kraftwerk-anerkennung-og.html

 

Sie planen einen Umzug?

Umzugsanfrage stellen
oder

Sie möchten Mitglied werden?

Mitglied werden